Sportfahrertraining auf dem Nürburgring...

... da lernt man Kurventechnik und richtig Autofahren.

Lotus Super Seven

Als Sportfahrer kann man viele Jahre und hunderte Runden lang seine Fehler kultivieren und sich über eine langsame Verbesserung der Rundenzeit von zwei Sekunden freuen...

Oder man macht das Fahrertraining einmal vernünftig...
 

"Gas... Gas... GAASSS!"

Jetzt wäre ein guter Moment, um sich literweise Schweiß von der Stirn zu wischen. Die letzte Kurve haben wir im HKT Seven GTS quer genommen, Tempo etwa 130 km/h. War wohl doch etwas schnell? Weiter mit Vollgas den Berg runter, voll bremsen, rechts einlenken und schon wieder...

"GAS! GAAAS!"

Interessant. Das Auto ist wirklich sehr stabil, wenn man in der Kurve beherzt auf dem Gas bleibt und sich schön weit heraustragen lässt. Die Lenkung geht in der Rechtskurve etwas nach links, um das leicht driftende Heck "einzufangen". In langsameren Kurven , wenn der Wagen eher untersteuert also über die Vorderräder schiebt, ebenfalls, damit die Vorderräder wieder Haftung bekommen und der Wagen lenkbar bleibt.

Wir sind auf einer Veranstaltung des Pistenclub (Drifttraining - Fahrtraining - Fahrertraining - freies Fahren auf Rennstrecken) im HKT Seven unterwegs auf dem Nürburgring Grand-Prix-Kurs, also der gesamten Strecke mit so bekannten Abschnitten und Kurven wie Dunlop-Kehre, Castrol-S, AUDI-S... oder der Mercedes-Arena. Wir machen Fahrertraining... und wir suchen die Ideallinie . Wir sind ich und auf dem Beifahrersitz abwechselnd Traudl Klink oder Mario Hebler. Beide sind seit vielen Jahren im Motorsport aktiv, z. B. in der BERU TOP 10, im Megané Cup, im Clio-Cup, VLN, 24h-Rennen usw. Beide kennen die Rennstrecke und beide können fahren. Das sind genau die richtigen für mein Fahrertraining, um meine Kurventechnik und meine Fahrtechnik zu verbessern.
 


Seven

Das komische kleine Auto wurde erstmal argwöhnisch beäugt, aber nach einigen selbst gefahrenen Runden, die mir übrigens als Beifahrer einmal zeigten, was dieser Super Seven wirklich in erfahrener Hand leistet, stand auch meinen Trainern der "Spaß" an der nun folgenden Arbeit im Gesicht.


Am Anfang allerdings noch nicht so sehr... "Jetzt wunderst Du Dich bestimmt, warum der Wagen so unruhig wird?"

Allerdings! In der Kurve wurde mir mulmig. Das schien mir nicht die ideale Ideallinie zu sein. Viel zu schnell, vor allem aber viel zu früh eingelenkt und der Wagen drohte auszubrechen. Nur durch irgendein Gemurkse aus bremsen, lenken und beten blieb uns der Ausflug in das Kiesbett erspart. Kopfschüttelnd überholte ein Porsche GT3. Wie peinlich. Gut dass ich einen Helm aufhabe.

Seven

Jawohl Herr Lehrer: "Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Gerade ". Je "gerader" die Kurve gefahren wird, desto höhere Kurvengeschwindigkeiten sind möglich. Die gefahrene Linie muss einen größeren Radius haben als die eigentliche Kurve. Am Beispiel Rechtskurve bedeutet das: Am äußersten linken Fahrbahnrand anfahren, recht spät nach rechts schön rund einlenken und vom Scheitelpunkt auf der rechten Seite an den Wagen mit Öffnen der Lenkung an den linken Fahrbahnrand gleiten lassen. Soweit die Theorie. In der Praxis existiert dummerweise das Problem, den korrekten Einlenkpunkt zu finden. Lenkt man zu früh ein, muss mitten in der Kurve plötzlich noch ein Haken geschlagen werden, um die Kurve überhaupt noch zu kriegen. Der Wagen wird instabil und Porsche-Fahrer schütteln zu Recht den Kopf.

Per Handzeichen wurde gezeigt, wo ich hinfahren soll. "Links... links... MEHR LINKS ENDLICH... und GAS!". Liebevoll und zärtlich streichelte ich das Gaspedal. "Gib jetzt endlich GAAAS!". Das Kiesbett kam näher...

Seven

Beim nächsten Mal traute ich mich schon mehr. Na ja... klappte auch schon besser. Das Auto ist ja tatsächlich stabiler, wenn man eine Kurve richtig fährt . Man kann auch vor der Kurve noch viel weiter ausholen. Am Anfang ließ ich bestimmt zwei Meter Platz... der mir dann in der Kurve fehlte. Nach einigen Runden fuhr ich vor der Kurve fast auf die Curbs. Ich traute mich auch, immer früher und immer mehr Gas zu geben. Der Wagen lag auf einmal wie ein Brett in den Kurven . Die Unsicherheit des Wagens, die sich auf den Fahrer übertrug... oder war es doch umgekehrt, ist wie weggeblasen.
 
Erwartungsgemäß barg auch das Thema Bremsen so einige "Überraschungen". Da wir nach dem Bilstein Bogen Vollgas fuhren, hielt ich es so auch für eine gute Idee, rechtzeitig vor der Schikane zu bremsen. Resultat: Ich "schnarchte rum", musste sogar noch zurückschalten um dann mit Vollgas durch die Schikane zu gehen. Na ja, dann eben nächste Runde besser machen.

Wieder Vollgas aber diesmal ganz beherzt wie ein richtiger Profi richtig spät bremsen. Verdammt war das schnell: Mit blockierenden Vorderrädern rutschte ich mit über hundert Sachen auf Reifenstapel und das Kiesbett vor mir zu. "Bremse los und lenken!" Fast hätten wir den Reifenstapel mitgenommen. Das war eine Supershow und eine gelungene Mischung aus so ziemlich allen Fehlern, die ich draufhatte. Wieder gut... das mit dem Helm auf...

Aber mit jeder Runde verbesserten wir meine Bremspunkte . Wichtig dabei war, dass der Bremsvorgang vor dem Einlenken abgeschlossen ist und durch Runterschalten der "richtige" Gang eingelegt ist, um mit etwas Gas bis zum Scheitelpunkt den Wagen unter "Zug" in die Kurve und ab dem Scheitelpunkt dann mit deutlich mehr Gas aus der Kurve heraus fahren zu können. Ich fing an, die Fahrbahn ganz auszunutzen und mich mit "immer mehr und immer früher Gas" aus der Kurve heraustragen zu lassen. Meine Geschwindigkeit am Kurvenausgang wurde immer höher. Folgt der Wagen dabei der Ideallinie , kündigt sich der Grenzbereich auch recht sanft an und erfordert nur kleine Korrekturen am Lenkrad. Die Instabilität in der Kurve , die Folge meiner falschen "Kurventechnik" war, trat nicht mehr auf und wir waren deutlich "runder" und schneller unterwegs . Das Fahrtraining hatte es gebracht. Drei Stunden mit erfahrenen Profis wie Traudl Klink und Mario Hebler haben durch die fachkundige und lockere Anleitung viel mehr gebracht, als hunderte von "Trainingsrunden", in denen man nur die eigenen Fehler verstärkt und kultiviert.

Auch Traudl und Mario schienen mit ihrem Zögling zufrieden zu sein und wir verabredeten eine Fortsetzung im nächsten Jahr. Mir blieb das gute Gefühl, eine Menge gelernt zu haben und eine sehr deutliche Verbesserung meiner Rundenzeiten . Auch der Fahrsicherheit haben diese drei Privatstunden gut getan. Eine Menge Theorie hatte ich mir bereits im Vorfeld angelesen - das macht sicherlich auch Sinn und verkürzt lange Winterabende - aber wer ernsthaft an der Verbesserung seiner Fahrqualitäten interessiert ist, sollte sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, diese bei einem professionellen Fahrtraining von fachkundiger Hand auf der abgesperrten Rennstrecke   verbessern zu lassen. Danach liegt die Ideallinie oft woanders als vorher.


Hier steht noch mehr über Spaß auf der Rennstrecke und beim Driften...